Maria stritt sich mit ihrem Nachbarn immer wieder darüber, ob Cannabis nun der Gesundheit schaden würde oder nicht.

Egal, wie sie argumentierte – er würde ihr einfach nicht zu hören, und schaffte es ständig, ihre Beweise so umzudichten, dass sie seine Meinung stattdessen nur befeuerten.

Als sie sich zufällig im Hausflur trafen, und die Diskussion gerade wieder anzufangen drohte, wollte sie sich direkt auf eine neutrale Instanz berufen, die ihre Sicht bestätigen sollte.

Sie nahm ihr Smartphone, suchte nach Langzeitwirkung von Cannabis-Konsum, und der erste Treffer gab genau das wieder, wie sie es selbst sah.

Interpretation

Ein Bestätigungsfehler ist unsere Neigung, Informationen so zu sammeln, dass sie unsere Erwartungen bestätigen. Er entsteht durch den direkten Einfluss unseres Wunsches auf unsere Überzeugungen.

Wenn wir wollen, dass eine bestimmte Idee oder ein bestimmtes Konzept wahr ist, glauben wir am Ende, dass es wahr ist. Wir werden durch Wunschdenken motiviert.

Dieser Irrtum führt dazu, dass wir aufhören, Informationen zu sammeln, wenn die bisher gesammelten Beweise die Ansichten oder Vorurteile bestätigen, die wir gerne für wahr halten würden.

Sobald wir uns eine Meinung gebildet haben, übernehmen wir die Informationen, die unsere Ansicht bestätigen, während wir Informationen, die Zweifel daran aufkommen lassen, ignorieren oder zurückweisen.

Ein Bestätigungsfehler deutet darauf hin, dass wir die Umstände nicht objektiv wahrnehmen: Wir suchen uns die Informationen heraus, die uns ein gutes Gefühl vermitteln, weil sie unsere Vorurteile bestätigen. So können wir zu Gefangenen unserer Annahmen werden.

Wir sind geneigt, zu glauben, was wir glauben wollen. Die Suche nach der Bestätigung unserer Überzeugungen liegt in unserer Natur, während es sich gleichzeitig belastend und widersprüchlich anfühlt, nach Beweisen zu suchen, die unseren Überzeugungen widersprechen.

Das erklärt auch, warum Meinungen überleben und sich verbreiten: Widerlegende Beispiele sind bei der Wahrheitsfindung weitaus mächtiger. Ein Widerspruch würde die Suche nach Beweisen erfordern, um sie zu entkräften.

Randbemerkung

Das ist vielleicht eine treffende Definition von Selbstvertrauen: die Fähigkeit, die Welt zu betrachten, ohne nach Beispielen suchen zu müssen, die unserem Ego schmeicheln.


Dieser Text entstand ursprünglich für die zweite Version der ÜBERSCHRIFTEN.